- Pluto und Charon
- Pluto und CharonDas Sonnensystem hat neun Planeten, von denen Pluto der neunte und äußerste ist. Er wurde erst 1930 durch Zufall — aber nach intensiver Suche — entdeckt und ist kleiner als der Erdmond. Da er selbst in den größten Fernrohren nur ein winziger Lichtfleck bleibt, ist die Erforschung seiner Eigenschaften äußerst kompliziert. Nur allmählich gab Pluto seine Geheimnisse preis, etwa dass er von einem Mond umkreist wird, dass er überwiegend aus Eis besteht und eine dünne Atmosphäre hat. Die Entdeckung von Hunderten ähnlicher Himmelskörper außerhalb der Plutobahn, die wichtige Hinweise auf die Entstehung des Sonnensystems geben können, hat seit den 1990er-Jahren zu einem neuen Interesse auch an Pluto geführt. Seit die Sonde Voyager 2 1989 am Neptun vorbeiflog, ist er der letzte Planet, der nie von einer Raumsonde besucht wurde, aber es ist geplant, dass eine Sonde im Jahr 2010 Pluto erreichen und erforschen wird.Pluto ist der am weitesten von der Sonne entfernte und mit nur etwa 2 200 Kilometern Durchmesser auch der kleinste Planet des Sonnensystems. Selbst das Weltraumteleskop Hubble kann auf seiner Oberfläche nur Schemen erkennen. Pluto wurde erst 1930 infolge einer Verkettung glücklicher Umstände entdeckt, während die Entdeckung seines Mondes Charon sogar erst 1978 gelang. In der römisch-griechischen Mythologie war Pluto/Hades der Gott der Unterwelt, Charon der Fährmann, der die Verstorbenen über den Totenfluss in Plutos Reich brachte.Da Pluto bisher nur von der Erde beziehungsweise dem die Erde umkreisenden Hubble-Teleskop erforscht werden konnte, ist nur wenig über den Planeten und die Zustände auf seiner Oberfläche und seinen inneren Aufbau bekannt. Und selbst dieses wenige beruht teilweise nur auf Analogieschlüssen zu ähnlichen Körpern im Sonnensystem.Besser bekannt als seine physikalischen Eigenschaften ist die Umlaufbahn des Pluto um die Sonne, die außergewöhnlichste Bahn aller Planeten. Sie ist mit etwa 17 Grad nicht nur stark gegen die Bahnebene der Erde und der anderen »normalen« Planeten geneigt, sondern weicht so sehr von der Kreisform ab, dass sich Pluto in der Nähe seines sonnennächsten Punkts, des Perihels, in weniger als dreißig Erdbahnradien Entfernung von der Sonne noch innerhalb der Umlaufbahn des Planeten Neptun um die Sonne bewegt — in seinem sonnenfernsten Punkt, dem Aphel, läuft Pluto dagegen in fünfzigfacher Erdentfernung von der Sonne fast doppelt so weit von der Sonne entfernt durchs All. Alle 250 Jahre tauschen Neptun und Pluto daher für etwa 20 Jahre ihre Reihenfolge als achter und neunter Planet. Zuletzt war dies zwischen 1979 und 1999 der Fall, doch seit Februar 1999 ist die normale Reihenfolge wieder hergestellt.Entdeckung mit HindernissenDer achte Planet des Sonnensystems, Neptun, wurde aufgrund von Störungen entdeckt, die er in der Umlaufbahn des Uranus verursacht. Die Analyse dieser Bahnstörungen führte zu Voraussagen für die Position eines unbekannten Planeten am Himmel, die 1846 durch die Entdeckung des Neptun bestätigt wurden. Dieser Erfolg der Himmelsmechanik (der Wissenschaft von den durch die Schwerkraft gesteuerten Bahnen der Planeten und anderer Himmelskörper) heizte die Diskussion um einen weiteren Planeten immer wieder an, da man bald erkannte, dass die Bahnen von Uranus und Neptun immer noch unerklärbare Störungen aufwiesen.BahnstörungenEs lag auf der Hand, für diese Störungen einen weiteren Planeten verantwortlich zu machen, der noch weiter draußen seine Bahn um die Sonne zieht. Um die Position dieses als Planet X bezeichneten Körpers zu finden, wurden die Bahnen von Uranus und Neptun sorgfältig analysiert und mögliche Bahnen für einen störenden Planeten berechnet, aus denen wiederum eine Position am Himmel abgeleitet wurde.Zwei Vorurteile beherrschten dabei das Vorgehen der Astronomen. Zum einen lag mit der Titius-Bode-Reihe eine einfache mathematische Beziehung vor, die mit relativ hoher Genauigkeit die Abstände der Planeten von der Sonne widerzuspiegeln scheint. Demnach erhält man die relativen Planetenabstände, wenn man die Potenzen von 2 mit 0,3 multipliziert und dann jeweils 0,4 addiert, so bekommt man die mittleren Sonnenabstände der Planeten in Einheiten des Erdbahnradius: 0,4, 0,7, 1, 1,6, 2,8, 5,2, 10, 19,6, 38,8, 77,2. Der Vergleich der von ihr vorhergesagten mittleren Abstände der Planeten mit dem Sonnensystem macht jedoch bedeutende Abweichungen sichtbar:— Der Wert 0,4 für den Merkur lässt sich nur in die Reihe einfügen, wenn man die Zahl Null etwas willkürlich als 2-∞ auffasst und dem Wert für 20 = 1 (ergibt 0,3 ' 1 + 0,4 = 0,7) voranstellt.— Zwischen Mars und Jupiter »fehlt« ein Planet (die Zahl 2,8), hier befindet sich lediglich der Planetoidengürtel.— Saturn und Uranus haben mit 9,5 und 19,2 leicht geringere Abstände, als die Regel vorhersagt.— Neptuns mittlerer Abstand ist mit 30 Erdbahnradien bereits deutlich geringer, als von der Titius-Bode-Reihe vorhergesagt.— Pluto — damals noch nicht bekannt — ist mit einem mittleren Abstand von 39,5 Erdbahnradien weit näher an der Sonne, als es der neunte Planet sein sollte.Aufgrund dieser Abweichungen kann man die Titius-Bode-Regel nicht als physikalische Gesetzmäßigkeit, sondern allenfalls als Hinweis auf bestimmte Vorgänge bei der Entstehung des Planetensystems auffassen.Das zweite Vorurteil beruhte auf dem damaligen Wissen über das Sonnensystem: Nur die vier inneren Planeten Merkur bis Mars gehören zu den kleinen erdähnlichen Planeten, während die vier damals bekannten äußeren Planeten riesige aus Gas bestehende Kugeln sind. Daher gingen die meisten Astronomen davon aus, dass auch der unbekannte neunte Planet ein Gasriese sein müsste.Glücklicher ZufallDie daraus resultierenden besten Annahmen für die Position des neunten Planeten waren aber allesamt falsch. Um die mögliche Entfernung des Planeten X von der Sonne weiter einzuschränken, untersuchte man auch die Apheldistanzen langperiodischer Kometen. Dies führte zu neuen Vorhersagen, die jedoch ebenso erfolglos blieben. Trotz intensiver Bemühungen wurde an den vorhergesagten Positionen kein Planet gefunden. Besonders der amerikanische Astronom Percival Lovell (1855—1916) bemühte sich intensiv um die Suche nach Planet X und führte alle Bahnanalysen noch einmal selbst durch, um eventuellen unerkannten Rechenfehlern auf die Schliche zu kommen. (Man darf dabei nicht vergessen, das damals alle Rechnungen mit »Bleistift und Papier« durchgeführt wurden, denn Computer gab es noch nicht, und auch mechanische Rechenmaschinen waren bei der Fülle derartiger Rechnungen nur eine kleine Hilfe!)Lovell starb jedoch 1916 und hinterließ die Aufgabe, einen Planeten an den von ihm vorhergesagten Positionen zu finden, seinem Nachfolger Vesto Slipher (1875—1969). Der stellte schließlich 1928 Clyde Tombaugh (1906—1997) ein, der bald mit der Durchführung der Suche nach Planet X beauftragt wurde. Tombaugh legte sich ein Suchschema zurecht, anhand dessen er besonders diejenigen Stellen am Himmel beobachtete, die der Sonne am Himmel gegenüberlagen. Seine fotografischen Aufnahmen, gläserne Fotoplatten von etwa 30 Zentimeter Kantenlänge, legte er dann paarweise in einen Blinkkomparator, ein Gerät, das in sehr schneller Folge über ein sich hin- und herbewegendes optisches Prisma immer eines der beiden Bilder in ein Okular einblendet. Sind beide Platten richtig justiert, so bleiben die Fixsterne immer an derselben Position, während bewegliche Objekte wie Planeten, Monde oder Kometen hin und her zu springen scheinen. So lässt sich ein Planet, der sich zwischen aufeinander folgenden Aufnahmen am Himmel bewegt, mit diesem Gerät leicht aufspüren.Bereits ab 1929 führte Tombaugh Beobachtungen durch, die auf die Spur des neunten Planeten führen sollten. Im Februar 1930 beobachtete er mehrmals das Gebiet des Sternbilds Zwillinge, legte aber einige der Platten zunächst beiseite, weil sie aufgrund schlechten Wetters unbrauchbar schienen. Bei der Auswertung der restlichen Platten bemerkte er — wie schon mehrmals zuvor — einen schwachen Lichtpunkt, der seine Position im Lauf mehrerer Tage veränderte. Dies konnte ein Planetoid sein, ein Komet oder der gesuchte neunte Planet. Erst die aus mehreren Beobachtungen berechnete Bahn solcher Objekte gab darüber Auskunft.Nachdem Tombaugh das Objekt auch auf den beiseite gelegten Platten ausfindig gemacht hatte, berechnete er dessen Bahn. Das Resultat besagte, dass sich der Himmelskörper außerhalb der Neptunbahn befand und somit der gesuchte Planet war. Seltsam war jedoch, dass seine Helligkeit weit hinter den Vorhersagen zurückblieb — alle Schätzungen waren von einem Riesenplaneten mit mehrfachem Erddurchmesser ausgegangen.Zweifel an der EntdeckungDie geringe Helligkeit, aber auch die exzentrische Form der Bahn waren in der Folge Gründe, warum Plutos Status als Planet zunächst angezweifelt wurde. Anhand der Bahn konnte man Positionsberechnungen anstellen, die zeigten, auf welchen Aufnahmen in astronomischen Archiven der Planet zu finden sein müsste. Die Auswertung dieser Suche führte zu Korrekturen der zuerst bestimmten Bahnparameter.Da Lovells Berechnungen aber, wie bei seinen Zeitgenossen, ein schwerer Gasriese zugrunde lag, der sich auf einer völlig anderen Bahn hätte bewegen müssen als der vergleichsweise leichte Pluto, wird deutlich, dass die Entdeckung Plutos trotz allen Aufwands und aller Sorgfalt letztlich ein unglaublicher Zufall war. Der fiktive Planet Lovells und der echte Planet Pluto befanden sich einfach zufällig in derselben Region, die Tombaugh beobachtet hatte. In dem Maße, in dem Tombaughs Entdeckung durch alte und neue Fotoplatten bestätigt wurde und die Beobachtungen mit den korrigierten Bahnparametern in Übereinstimmung gebracht werden konnten, verstummten schließlich die Zweifel an der Existenz des neunten Planeten.Ein Eisklumpen am Rande des SonnensystemsTrotz intensiver Beobachtungen wollte — und konnte — es nicht gelingen, die Annahme zu bestätigen, dass Pluto ein Gasriese sei. Aufgrund seiner geringen Helligkeit und seines (wie wir heute wissen) geringen Durchmessers konnte die Größe des Planeten nicht direkt aus seinem scheinbaren Durchmesser am Himmelsgewölbe bestimmt werden. Alle Messwerte gaben immer wieder nur Obergrenzen an, die besagten, wie groß der Planet höchstens war. Diese Größenangaben für Pluto schrumpften im Lauf der Jahre von anfänglich über 30 000 auf den heutigen gesicherten Wert von etwa 2 200 Kilometern.Da man mit den damaligen Teleskopen auch keine Oberflächendetails ausmachen konnte, blieb auch die Umdrehungsperiode von Pluto, also die Länge des »Plutotags«, zunächst unbekannt. Messungen, die schwache Helligkeitsschwankungen des Planeten ausnutzten, ermöglichten in den 1950er-Jahren die Bestimmung eines Werts von etwa 6,4 Tagen, der nach der Entdeckung des Plutomondes Charon bestätigt werden konnte.Berücksichtigt man seine geringe Größe, ist Pluto sogar erstaunlich hell, ein Indiz dafür, dass der Planet sehr viel Sonnenlicht zurückwirft. Man führt dies auf einen Panzer aus Wassereis zurück, der den Planeten umgibt. Die Feinanalyse des Lichts ergab auch Hinweise auf gefrorenen Stickstoff, Kohlendioxid und Methan in diesem Eispanzer. Die Oberflächentemperatur liegt vermutlich bei etwa —233 Grad Celsius. Bei einer Sternbedeckung konnte nachgewiesen werden, dass Pluto eine dünne Atmosphäre besitzt, denn das Sternenlicht erlosch nicht schlagartig, sondern allmählich, als es vom diffusen Rand der Atmosphäre verdeckt wurde. Temperatur und Zusammensetzung der Atmosphäre sowie die ungewöhnliche Bahn legen nahe, dass diese Atmosphäre sogar nur in der Nähe des Perihels existiert. Entfernt sich Pluto wieder von der Sonne, sinken die Temperaturen, die Atmosphäre friert aus und schlägt sich als Eis auf dem Planeten nieder.Charon, der treue BegleiterDie Entdeckung Charons brachte einige neue Erkenntnisse über Pluto. So zeigte sich, dass Pluto noch eine andere ungewöhnliche Eigenschaft besitzt: Seine Rotationsachse ist um etwa 94 Grad gegen seine Bahnebene geneigt. Pluto rollt damit praktisch auf seiner Bahn entlang. Dadurch steht auch Charons Umlaufbahn um Pluto fast senkrecht auf der Bahnebene. Dies führte dazu, dass Charon zwischen 1985 und 1990 immer wieder — von der Erde aus gesehen — den Planeten bedeckte. Durch aufwendige Beobachtung der dabei auftretenden Helligkeitsvariationen konnten so die ersten Karten der Plutooberfläche gewonnen werden. Sie zeigen helle Bereiche, aber auch eine ausgedehnte dunkle Region.Aus diesen Beobachtungen konnten auch die Massen von Pluto und Charon abgeleitet werden. Demnach besitzt Pluto ein Fünftel der Mondmasse und ist nur etwa siebenmal schwerer als Charon. Dies führt auf eine Dichte von etwa zwei Gramm pro Kubikzentimeter (g/cm3), was der doppelten Dichte von Wasser entspricht. Pluto besteht somit wie der Neptunmond Triton, der auch eine ähnliche Dichte besitzt, sehr wahrscheinlich aus einem Gemisch von Gestein und Eis. Wenn man nur die Dichte betrachtet, könnten man Pluto fast als »Gaszwerg« bezeichnen, denn der benachbarte Gasplanet Neptun hat eine Dichte von 1,6 g/cm3 (die Erde dagegen hat einen Wert von 5,5 g/cm3).Es zeigte sich, dass nicht nur Charon dem Pluto immer dieselbe Seite zuwendet, sondern auch Pluto dem Charon. Diese doppelt gebundene Rotation ist im Sonnensystem einzigartig; sie wird sich allenfalls in ferner Zukunft bei anderen Planet-Mond-Systemen, so auch bei der Erde, einstellen. Aufgrund der hohe Masse von Charon im Vergleich zu Pluto betrachten die Astronomen das System Pluto-Charon als Doppelplanet. Bislang hatte lediglich das System Erde-Mond diese Auszeichnung, die es viel weniger verdient, inne.Entstehung von Pluto und CharonÜber die Entstehung von Pluto ist wenig bekannt. Nach seiner Entdeckung gingen viele Astronomen davon aus, dass es sich um einen ehemaligen Mond des Planeten Neptun handelt, der aus seiner Bahn geworfen wurde. Gründe für diese Annahme sind die exzentrischen Bahnen von Pluto sowie des Neptunmonds Triton, der den Planeten Neptun auf einer ungewöhnlichen Bahn umkreist. Zudem schneiden sich die Bahnen von Pluto beziehungsweise Neptun. (Genauer gesagt schneiden sich nur die Projektionen ihrer Bahnen auf die Ebene des Sonnensystems, im Raum liegen die Bahnen ineinander wie die Glieder einer Kette — Pluto und Neptun kommen sich nie näher als etwa 2,8 Milliarden Kilometer.)Heute geht man davon aus, dass Pluto am Rande des Sonnensystems entstand, damals allerdings noch keinen Mond hatte. Durch die Kollision mit einem großen Himmelskörper könnte er einen Teil seiner ursprünglichen Masse verloren haben, aus der sich daraufhin Charon bildete. Triton hätte demnach einen ähnlichen Ursprung, wäre aber nach einer ähnlichen Kollision in die Nähe der Neptunbahn gelangt und dort von dem Riesenplaneten eingefangen worden.Planet oder nicht?Lange Zeit galt Pluto als sonnenfernstes Mitglied des Planetensystems. Dies änderte sich erst 1992, als knapp außerhalb der Neptunbahn ein winziges Objekt von einigen Dutzend Kilometern Durchmesser entdeckt wurde. Es war der erste Hinweis auf einen vermuteten zweiten Planetoidengürtel, den Kuipergürtel oder Kuiperbelt. Mittlerweile kennt man über hundert derartige Objekte, darunter mehrere, deren Durchmesser 800 Kilometer beträgt, immerhin ein Drittel des Plutodurchmessers.Die Astronomen vermuten, dass im Bereich dieses Gürtels auch Himmelskörper zu finden sind, deren Größe sich nicht sonderlich von Pluto unterscheidet. Es scheint unzweifelhaft, dass Pluto »nur« ein großes Mitglied des Kuiperbelt ist, das zufällig als erstes entdeckt wurde. Vermutlich gibt es sogar Objekte, die größer sind als Pluto. Da die astronomische Gemeinschaft alle diese Himmelskörper als Transneptunische Objekte bezeichnet und durchnummeriert, kamen Spekulationen auf, nach denen Pluto der Status als Planet abgesprochen werden sollte. Die Internationale Astronomische Vereinigung, verantwortlich für die Verwaltung und Namensgebung im Sonnensystem, stellte jedoch klar, dass Plutos Status als Planet bis auf weiteres nicht gefährdet ist.Pluto-Kuiper-ExpressDen vielen Fragen, die mit dem Doppelplaneten Pluto-Charon sowie mit den Objekten des Kuiperbelts verbunden sind, wollen die Wissenschaftler nun mit einer Raumsonde zu Leibe rücken. Derzeit wird mit dem »Pluto-Kuiper-Express« eine Raumsonde entwickelt, die sich ausschließlich der Erforschung dieser Himmelskörper widmet. Die etwas über 200 Kilogramm schwere Raumsonde soll um 2004 gestartet werden. Um sie mit einem Minimum an Treibstoff durch das Sonnensystem zu navigieren, wird sie möglicherweise zunächst in Richtung Jupiter gelenkt, an dem sie in geringer Entfernung vorbeiziehen soll, wobei sie, ähnlich wie 25 Jahre zuvor die Voyager-Sonden, in Richtung äußeres Sonnensystem und zum Pluto umgelenkt und beschleunigt werden soll. Die Ankunft bei Pluto wird im Jahre 2012 erwartet.Dort soll sie endlich Nahaufnahmen von Pluto und Charon machen und zur Erde senden. Darüber hinaus stehen Untersuchungen von Plutos Atmosphäre und Oberfläche sowie Temperaturmessungen auf dem Plan. Die nächsten Jahrzehnte sind vermutlich sogar die letzte Gelegenheit, um die Atmosphäre von Pluto zu untersuchen, bevor sie sich wieder auf der Plutooberfläche ausfriert. Neben der Untersuchung von Pluto besteht die Möglichkeit, die Raumsonde zu einem oder mehreren anderen Mitgliedern des Kuiperbelts zu lenken und deren Eigenschaften zu untersuchen. Besonders interessant an diesen Objekten ist, dass sie sich vermutlich wegen der niedrigen Temperaturen und vergleichsweise seltenen Begegnungen mit anderen Objekten des Sonnensystems vermutlich noch in demselben Zustand wie bei der Entstehung des Systems befinden — sie sind sozusagen tiefgekühlte Zeitzeugen. Der Vergleich mit Pluto, aber auch mit den Planeten und Planetoiden des inneren Sonnensystems könnte Aufschlüsse über die Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems geben.Das Ende der Fahnenstange — Transpluto?Die Entdeckung von Pluto führte bald zu neuen Analysen der Bahnstörungen von Uranus und Neptun. Dabei deutete sich an, dass Pluto schon wegen seiner geringen Masse immer noch nicht alle Bahnstörungen erklären konnte. Dies wiederum führte zur Annahme eines weiteren noch unbekannten Planeten außerhalb von Plutos Umlaufbahn. Dieser spekulative Planet X, heute meist als Transpluto bezeichnet (trans, lateinisch: jenseits), ist jedoch heftig umstritten. Durch die Vorbeiflüge von Voyager 2 an Uranus und Neptun konnten nämlich die Massen dieser Planeten mit hoher Genauigkeit bestimmt werden. Benutzt man diese Massen in der Analyse, so scheinen keinerlei Bahnstörungen mehr übrig zu bleiben. Dies bedeutet, dass es keinen weiteren Planeten gibt.Die Gerüchte um einen großen zehnten Planeten wollen trotzdem nicht verstummen. Verschiedene Wissenschaftler interpretieren Analysen der Umlaufzeiten verschiedener langperiodischer Kometen so, dass weit draußen im Sonnensystem, vielleicht in 75facher Erdentfernung, ein großer Planet seiner Entdeckung harrt. Aber selbst ein Gasriese wäre dann nichts weiter als ein winziger Lichtfleck in den besten irdischen Teleskopen. Diese Interpretation der Kometenbeobachtungen wird auch nur von wenigen Astronomen geteilt und so scheint es, als wäre das Sonnensystem damit abgeschlossen. Außerhalb der Plutobahn befinden sich demnach nur noch die Mitglieder des Kuiperbelt. In etwa 90- bis 100facher Erdentfernung ist schon der Rand des eigentlichen Sonnensystems zu finden, an dem das interstellare Magnetfeld auf das Magnetfeld der Sonne trifft. Dies führt zu einer magnetischen Stoßwelle, welche Radiostrahlung aussendet, deren Anzeichen wiederum von den Pioneer-Sonden (die seit fast dreißig Jahren das Sonnensystem durchqueren und sich nun schon weit außerhalb der Plutobahn befinden) bereits entdeckt wurden. Noch weiter draußen befindet sich nur noch die Oortsche Wolke, in der zahlreiche Kometenkerne seit 4,5 Milliarden Jahren darauf warten, in Richtung Sonne gelenkt zu werden und dort zu einem imposanten »Schweifstern« zu werden. An diese Kometenwolke schließen sich die unendlichen Weiten des interstellaren Raums an.Herrmann-Michael Hahn: Erde, Sonne und Planeten. Neuausgabe München 1981.Rainer Klingholz: Marathon im All. Taschenbuchausgabe Frankfurt am Main. 1992Unser Sonnensystem. Interaktives Astronomie-Lexikon, CD-ROM Salzburg 1997.Holger Heuseler u. a.: Zwischen Sonne und Pluto. München 1999.Helmut Zimmermann: ABC-Lexikon Astronomie. Heidelberg81999.
Universal-Lexikon. 2012.